Montag, 1. April 2024

Ein Winter auf Mallorca, Teil 1

1838 reiste die französische Schriftstellerin George Sand zusammen mit dem Komponisten Frederic Chopin nach Mallorca, um dort in einer Kartause in Valldemossa den Winter zu verbringen. Daraus entstand der literarische Reisebericht „Ein Winter auf Mallorca“, in dem die Schriftstellerin die Insel und ihre Bewohner in einem nicht sehr schmeichelhaftem Licht erscheinen lässt.

Auch wir haben den Winter auf Mallorca verbracht und haben gänzlich andere Eindrücke gewonnen als George Sand. Klar, denn vor fast 200 Jahren war „Tourismus“ noch ein Fremdwort auf der bäuerlich geprägten Insel.

Nun sind wir wieder zu Hause und blicken auf vier Monate Mallorca zurück. Eine herrliche Zeit mit ganz viel Sonne. Dass es kaum geregnet hat, war schon in unserem Sinne, aber der Natur und der Landwirtschaft auf der Insel fehlte der Regen, der normalerweise im Winter fällt und die Wasserreservoirs auffüllt. So erschienen die üppigen Wildblumen auf den Wiesen später als sonst. Und auf blühende Mandelbäume ist schon gar nicht mehr Verlass, weil ein eingeschlepptes Bakterium, gegen das es kein Mittel gibt, insbesondere den älteren Mandelbäumen den Garaus gemacht hat.

Wie verbringt man eine so lange Zeit ohne Pflichten und feste Termine, ohne dass Langeweile aufkommt? Die meisten touristischen Freizeitangebote sind zwar im Winter geschlossen, aber die Insel bietet auch so genügend Abwechslung. Da gibt es zahlreiche Feste, die nicht für die Touristen organisiert werden, sondern von den Einheimischen gefeiert werden und zum Teil eine lange Tradition haben: Das Rebhuhn- und Mandelblütenfest, der Start der Weihnachtszeit mit beeindruckenden Illuminationen in Palma, der Einzug der Heiligen Drei Könige zum 6. Januar, die Töpfermesse, Tiersegnungen und Karnevalsumzüge, der archaische Tanz der Cossiers in Algaida, die Glasbläserei in Algaida, die jüngst in die Liste der UNO-Weltkulturgüter aufgenommen wurde, und nicht zu vergessen: die Festtage zu San Sebastian in Palma mit dem beeindruckenden Umzug der feuersprühenden Dimonis als krönenden Abschluss. Und am Heiligen Abend gibt es sogar einen deutschsprachigen Gottesdienst in der großartigen Kathedrale „La Seu“. Auch Kulturinteressierten bietet die Insel mit ihren zahlreichen Museen und historischen Gebäuden ein reichhaltiges Angebot. Für mich besonders spannend: Das Haus der Fotografie in Llucmajor.

Natürlich bietet der Winter auf Mallorca zudem ideale klimatische Bedingungen für Spaziergänge, Wanderungen und Radtouren.

Hier nun eine kleine Auswahl an Bildern, heute mit Festen und Veranstaltungen und morgen mit einem Mix aus (Orts)Landschaften, Straßenszenen und anderes: 

Der Start der Weihnachtsbeleuchtung in Palma wird groß zelebriert.










 

Sehr beeindruckend ein deutscher Weihnachtsgottesdienst in der Kathedrale "La Seu": 

 

Die Dimonis (Teufel) sind los in Palma zum Abschluss des Festes San Sebastian:











 
Karnevalsumzug in Palma, aber ganz ohne Kamelle und Alkohol:






 
Tanz der Cossiers in Algaida:



 Das Haus der Fotografie in Llucmajor:



 

Tag der Balearen in Palma: 

 


 

Glasbläser in Algaida:


 

Töpfermesse in Marratxi:




 

Kulturfinca "Son Baulo" mit "RedShoesRed":




 

Mandelblütenfest in Son Servera:


 

Die "gläserne"Kirche La Porciuncula in S`Arenal:

 




 



 

 

Mittwoch, 15. November 2023

Premiere im Rosenthal

Der Kneipenraum unten in der genossenschaftlichen Gaststätte Rosenthal in Uelsen ist gut gefüllt; währenddessen warten eine Etage weiter oben im Gesellschaftsraum die Besucher auf einen prominenten Gast: Christine Westermann ist zu einer Lesung ihres neuen Buches „Die Familien der anderen - mein Leben in Büchern“ geladen. „Der Raum soll genutzt werden für für Feiern, Vernissagen, Musik oder eben eine Lesung“, sagt Fritz Baumann, einer der Macher des genossenschaftlichen Lokals, und fügt hinzu: „Ein bisschen Klasse soll die Premiere schon haben.“ Dass es mit der preisgekrönten Journalistin, Moderatorin und Autorin geklappt hat, habe man zuerst gar nicht glauben können. Alle 80 Stühle sind besetzt – überwiegend Frauen, nur eine handvoll Männer –, aber die Autorin lässt auf sich warten. Nach 45 Minuten ist die Kölnerin endlich da. „Ein weiter Weg und chaotisch auf der Straße“, entschuldigt sie sich. Aber keiner ist ihr böse, die Autorin schaut in erwartungsvolle, freundliche Gesichter. Lesungen seien ein Geschenk, eine Belohnung für die vorangegangene mühevolle Arbeit, sagt Westermann. Sie liest ausgewählte Kapitel ihres Buches, das auch eine Zeitreise in ihre eigene Familiengeschichte ist. Zwischendurch bleibt Zeit zu plaudern, für Anekdoten und Gedanken einer Frau, die eine „ausgedellte Kindheit“ gehabt habe und „verrückt nach Büchern“ sei. Dabei referiert sie nicht mit erhobenem Zeigefinger aus einem literarischem Elfenbeinturm, sondern formuliert verständlich als eine unter ihresgleichen. Ein absolutes Lieblingsbuch habe sie nicht, auch wenn sie manche Bücher wie „Die Deutschlehrerin“ von Judith W. Taschler „wie im Rausch gelesen“ habe. Das Schwierige für Empfehlungen sei, das richtige Buch zu finden. Westermann orientiert sich am Cover, liest einige Zeilen, um ein Gefühl für die Sprache zu bekommen, bedient sich der großen Hilfe von Buchhändler/innen als „tolle Navigatoren“. Sie empfindet sich weniger als Kritikerin, sondern eher als Empfehlerin. Schön fände sie es, wenn „einmal in der Woche vor der Tagesschau statt der Börsennachrichten das `Buch der Woche` vorgestellt“ würde, sagt sie und erntet damit im Publikum regen Zuspruch. Nach der Lesung nimmt sich Westermann viel Zeit, um ihr Buch kreativ zu signieren. Und dann gönnt sie sich ein frisch gezapftes Helles. Mit Kölsch kann die Gaststätte Rosenthal nicht dienen, aber ein norddeutsches Pils tut es zur Not auch.