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Mittwoch, 26. August 2020

Ein verlassener Ort unterm Kirchendach

Als Jan-Hindrik Jonker neulich seine Anekdote von der Jahreszahl in der Sandsteinmauer bei der reformierten Kirche erzählte (siehe Blog vom 14.08.20), berichtete er zudem, dass er als Maurergeselle an der Renovierung des Kircheninneren aus dem Jahre 1958 beteiligt gewesen sei, damals eine Gemeinschaftsaktion der Baufirmen Stegink und Kwade. Die Arbeit war äußerst kniffelig, da es noch keine Maschinen und Absicherungen wie heute gab. Wackelige Gerüste im Innenraum, und oben im Gebälk des Kirchendaches wurde der Speis für das Gewölbe in Eimern über einfache Rollen hochgezogen, die außen an der Kirche angebracht waren.
Man kann das Gewölbe von oben anschauen“, sagt Gerd Hans, der dort als ehemaliger Küstersohn so manchen toten Rabenvogel entfernen musste.
 Ich war noch nicht an dem besonderen Ort. „Wäre doch eine spannende Sache, dort einmal zu fotografieren“, denke ich. Aber es braucht die Zustimmung des Kirchenrates. Die bekomme ich tatsächlich, sodass mir Küster Jager vor einigen Tagen die Tür zu dem geheimnisvollen Raum aufschließt. Ich klettere vom Turm aus hinein, noch ein Stück über ein Sprossenleiter, und dann tauche ich in eine fremde Welt ein: Halbdunkel, zwei kleine Dachfenster und Lampen spenden etwas Licht, muffige Luft, überall Holzbalken, in der Mitte ist ein Brettersteg, den man betreten und das Gewölbe von oben betrachten kann. Es erinnert mich ein wenig an die eigenartigen Trullis im italienischen Apulien (Blog vom 10.06.2016). Jede Menge Vogelhinterlassenschaften, aber totes Federvieh entdecke ich zum Glück nicht. Ein G.J. Hans hat seine Initialen und das Datum 18.3.1958 in den Speis geritzt. 
Ein eigenartiges Gefühl und der Gedanke, dass es hier gegen Ende des 15. Jahrhunderts, als die Kirche die heutige Form erhielt, schon so ähnlich ausgesehen haben muss. Wie wagemutig mussten die Menschen damals gewesen sein, um so etwas mit einfachsten Mitteln zu bauen.
Unter Fotografen ist zur Zeit angesagt, „lost places“ zu fotografieren. Wer hätte gedacht, dass es so einen verlassenen Ort mitten in Emlichheim gibt.

Jan-Hindrik Jonker im Kircheninneren








Ein Ventilator verbindet mit dem Kirchenraum










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