Vor zwei Jahren war die
Holocaust-Überlebende Erna de Vries aus Lathen schon mal in
Emlichheim zu Gast, um in der Aula über ihr Leben während der Nazizeit zu
berichten (siehe Blog vom 10. August 2017). Im Rahmen einer
Veranstaltungsreihe zum 75. Jahrestag des Kriegsendes hat die
Samtgemeinde sie abermals eingeladen. Das Interesse gestern Abend war gewaltig, in der großen altreformierten Kirche war kein Platz mehr frei.
Erna de Vries, inzwischen 96 Jahre alt, konnte aus gesundheitlichen
Gründen nicht mehr ihren Vortrag halten. Dafür wurde ein Film über
ihr Leben gezeigt: "Ich wollte noch einmal die Sonne sehen." Danach stand sie für Fragen aus den Reihen der
Besucher zur Verfügung. Unterstützt und liebevoll umhegt wurde sie
von ihren beiden Töchtern Ruth de Vries und Lea Mor, die beide in
Osnabrück leben. Das Hören hat bei Erna de Vries nachgelassen, aber
ihre Antworten, klar und mit fester Stimme, zeugen von einem blitzgescheiten Intellekt. Nein, Hass hege sie
nicht, die Menschlichkeit stehe bei ihr an erster Stelle. Ausgewandert
sei sie nicht, weil ihr Mann Josef, den sie im Lager kennengelernt
hatte, eben ein echter Emsländer sei.
Eine eindrucksvolle
Persönlichkeit: Trotz des unsäglichen Leids, das ihr widerfahren
ist, bleibt sie den Menschen freundlich zugewandt. Ihre Motivation:
Das Vermächtnis ihrer Mutter zu erfüllen, die 1943 in Auschwitz
ermordet wurde: „Du wirst überleben und erzählen, was sie mit uns
machen“, waren die letzten Worte der Mutter an ihre Tochter. So ist Erna de Vries in den vergangenen 30 Jahren
unermüdlich unterwegs gewesen, um vor Antisemitismus zu warnen.
Jetzt haben allerdings ihre Kräfte nachgelassen, sodass die
Veranstaltung in Emlichheim wohl ihr letzter öffentlicher Auftritt gewesen ist. Ein würdiger Abschluss vor so vielen Menschen, denen sie mit
auf den Weg gibt, dafür zu sorgen, dass der Nationalsozialismus nie
wieder erstarkt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen