Dienstag, 12. Mai 2015

Was Kinder brauchen

 Nein, natürlich war früher nicht alles besser als heute. Wir Kinder hatten keine Playstation, kein Wii und schon gar nicht ein Smartphone. Unser Fahrrad hatte keine Gangschaltung, und wenn es kaputt war, mussten wir zu Fuß zur Schule gehen. Wir hatten satt zu essen, aber manchmal musste schon ein Butterbrot mit selbstgemachter Marmelade oder Zucker reichen. Und wenn wir Durst hatten, gab es Wasser aus der Leitung. Meine Eltern fuhren nicht mit uns in Urlaub. Dazu reichten weder Geld noch Zeit. Die Kleidung habe ich von meinem älteren Bruder aufgetragen. Manchmal kam auch eine Schneiderin ins Haus und zauberte aus gebrauchten Sachen neue Hosen oder Mäntel. Es gab keinen Fernseher, meine Fantasie beflügelten Geschichten aus Büchern der Gemeindebibliothek.
Und doch ist mir beim Sichten der alten Bilder meines Vaters deutlich geworden. Es muss eine glückliche Kindheit gewesen sein: Zelten im selbstgemachten Zelt aus Bettlaken und Wäscheklammern, auf einem Floß die „Weltmeere“ erobern (siehe 15.03.), baden in einem Vechtealtarm, in Bäume klettern, Hütten bauen, Gärten anlegen, mit Kaninchen, Elstern oder Hühnern spielen.
Gut möglich, dass mir die Fantasie beim Blick in die Kindheit einen Streich spielt und es in Wirklichkeit ganz anders war. Eines aber war mit Sicherheit so: Wir hatten unendlich viel Zeit und Raum und fühlten uns geborgen in unserer eigenen Welt. Meinem Vater sei noch mal gedankt, dass er unser Tun mit seiner Kamera so wunderbar festgehalten hat. 

 


















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